33: Leihmutterschaft, Hollywood und die Bibel?

Dear Swiss people,

Es ist nicht einfach, in einer verständlichen, zugänglichen Art über komplexe Themen zu sprechen. Gerade bei Herausforderungen wie dem dem Umgang mit Leihmutterschaft verführt die hohe Komplexität der Angelegenheit besonders Journalisten und Politiker dazu, der Öffentlichkeit sehr oberflächliche und verkürzte Argumente zu präsentieren.

Dies beruht sicher zum einen auf der berechtigten Vorstellung, dass sich nicht jeder Einzelne beliebig Spezialwissen über alle möglichen Gebiete, wie etwa Medizin und Recht, aneignen kann. Und das kann auch nicht die Forderung sein. Aber da uns die Konsequenzen dieser Debatten um ein Verbot oder eine Etablierung von Leihmutterschaft alle etwas angehen, muss ununterbrochen daran gearbeitet werden, die Argumente der Experten eine grösseren Öffentlichkeit zugänglicher zu machen und die präsentierten Standpunkte aus den Medien systematisch zu hinterfragen.

leihmutterschaft

Widmen wir uns einem konkreten Beispiel. Die Verfasserin des Artikels „Selber schuld, wer unfreiwillig kinderlos bleibt“ ist Nicole Althaus, bereits bekannt durch ihre eher zweifelhaften Ansichten zur Zuger Affäre, ebenfalls veröffentlicht in der NZZ am Sonntag.

Beispiel 1: Die Bibel

Althaus beginnt ihre Ausführungen, wie man es gerne mal tut, mit einem Verweis auf die Bibel:

Leihmutterschaft ist keine neue Idee. Bereits in der Bibel trägt die Sklavin Hagar Abrahams Sohn Ismael aus, und in der Geschichte gibt es zahlreiche Versuche, biologische Grenzen oder soziale Strukturen zu umgehen, um den eigenen Stammbaum weiterzuführen.

An sich eine verlockende Argumentationsschiene. Tatsächlich gibt es in der Geschichte unzähliche Belege für Familiengefüge, bei denen soziale und biologische Elternschaft nicht zusammenfallen. Wie auch, wenn ein allfälliges Konzept von biologischer Elternschaft sich vor der Existenz der Wissenschaft der Biologie höchstens auf eine äusserliche Ähnlichkeit zwischen Eltern und Kind oder ähnlich hilfreiche Anhaltspunkte berufen könnte?

Die Bibel ist voller Geschichten von Adoptionen (Moses, Esther),  Stiefeltern (Josef) und familiärer Bindungen, die über eine Blutsverwandtschaft hinausgehen (Naomi und ihre Schwiegertochter Ruth). So gesehen müsste man daraus schliessen, dass die Idee, die Familie über Blutsverwandtschaft zu definieren, eine Produkt der Moderne und der damit einhergehenden Technologien zur Etablierung einer solchen Verwandtschaft ist.

Das ist freilich nicht der Punkt, auf den Althaus hinaus will. Sie sieht in dem Konflikt zwischen Sarah und ihrer Sklavin Hagar den Beleg dafür, dass Leihmutterschaft zum Scheitern verurteilt ist:

Während die Geschichte von Hagar und Abrahams Frau Sarah das Konfliktpotenzial einer Leihmutterschaft noch zeigt, tun wir heute so, als wären wir nicht nur technisch, sondern auch moralisch in der Lage, die biologischen Grenzen zu überwinden.

An dieser Art der Argumentation stören mich mehrere Dinge. Erstens ist es wenig hilfreich, moralische Tipps zum Umgang mit neuen Technologien aus einer Zeit zu beziehen, die über diese nicht verfügte. Die Bibel kann uns daher keinen Rat zum Umgang mit eingefrorenen Embryonen geben. Vergleichbar ist allerdings der Versuch, die körperlichen Schranken der Reproduktionsfähigkeit zu umgehen, um trotz aller Hindernisse den Kinderwunsch zu erfüllen. Genau aus diesem Grund wurde gab es auch die Funktion der Nebenfrau, die Hagar, erfüllt, um die Zeugung eines Nachkommens zu sichern. Und dies trotz der Behauptung von Althaus, die mangelnde Schicksalsergebenheit von Menschen mit Kinderwunsch sei ein Produkt der Moderne:

Heute aber leben wir in einer Gesellschaft, die daran ist, das reproduktive Schicksal abzuschaffen. Unfruchtbarkeit, Homosexualität und Alter sind keine Unwägbarkeiten des Lebens mehr, sondern nur Hindernisse.

Da Abraham und Sarah eindeutig Massnahmen ergriffen, um trotz ihres fortgeschrittenen Alters doch noch ein Kind zu kriegen, macht es besonder befremdlich, dass Althaus gerade dieses Beispiel anführt, um zu zeigen, dass wir heutzutage unser biologisches Schicksal nicht akzeptieren.

Ausserdem ist es mehr als zweifelhaft, Hagar als Leihmutter im heutigen Sinne zu bezeichnen.

  • Zum einen war es ihr als Sklavin und Magd von Sarah wohl kaum möglich, sich der Entscheidung ihrer Herren zu entziehen. Ihr Einverständnis ist daher nicht gegeben.
  • Zweitens lebte Hagar weiterhin im Haushalt und war an der Aufzucht Ismaels beteiligt, was bei einer modernen Leihmutterschaft wohl kaum der Fall wäre.
  • Drittens wurde Hagar von Abrahams Hauptfrau Sarah misshandelt und in die Wüste geschickt. Vor genau solchen Formen der Ausbeutung sollten Leihmutterschaftsverträge die Beteiligten schützen.

Zudem scheint Althaus zu vergessen, dass diese Technologien, von denen sie spricht, noch immer nur einem sehr kleinen Teil der Bevölkerung zugänglich ist. Dies aufgrund der hohen Kosten oder gesetzlicher Verbote, gerade für Homosexuelle.

Beispiel 2: Hollywood

Bezeichnenderweise stammt ihr zweites Beispiel aus der Welt der Reichen und Schönen. Sie bringt den Streit von Schauspielerin Sofia Vergara und ihrem ehemaligen Verlobten Nick Loeb um die gemeinsamen, eingefrorenen Embryos ins Spiel. Loeb möchte Vergara trotz der Trennung davon abhalten, die Embyronen zu zerstören und verlangt deshalb per Klage, dass ihm gestattet werde, die Embyronen austragen zu lassen.

«Wer auf natürlichem Weg ein Kind zeugt, kann die Vaterschaft nicht ablehnen, auch wenn er das Kind nicht will. Warum soll das Gleiche nicht auch für die Frau gelten, wenn sie das Baby nicht selber austragen muss?», argumentiert Loeb. Eine berechtigte Frage.

Die Frage ist leider keinesfalls berechtigt. Vergara und Loeb haben einen Vertrag abgeschlossen, der besagt, dass die Embryonen nur im beidseitigen Einverständnis benutzt werden dürfen. Loeb klagt daher, um aus dem von im selber aufgesetzten Vertrag entlassen zu werden. Seine geschmacklose Entscheidung, einen solchen Medienzirkus zu inszenieren und Vergara so zu erpressen, ist nicht nur deshalb fragwürdig, weil die Klage mit Vergaras Verlobung mit einem neuen Partner zusammenfiel.

Reproduktionsprostitution?

Auffällig ist zudem, dass sich Althaus einer Rhetorik bedient, die unmittelbar an die Diskussion um Prostitution erinnern. So nennt sie Leihmutterschaft  „ein erbarmungsloses Geschäft, das meist mittellose Frauen entwürdigt“ und sagt:

Wir leben in einer Welt, in der es als moralisch vertretbar gilt, Frauen für das zu bezahlen, wofür die Gesellschaft sie sonst moralisch verdammt.

Interessant daran ist, dass praktisch niemand jemand was gegen Leihmutterschaft und und Sexarbeit einzuwenden hat, solange kein Geld im Spiel ist. Kaum jemand beschwert sich über die Existenz von Stiefeltern oder Adoptionen (vorausgesetzt die Eltern sind heterosexuell) und auch gegen die das Praktizieren von Sexualität aus nicht-reproduktiven Gründen wie etwa zur Beziehungspflege hat niemand was einzuwenden. Sobald allerdings die Betroffenen diese Dienste  als Arbeit deklarieren und dementsprechend formelle und finanzielle Anerkennung verlangen, wird das Ganze zum Staatsakt.

Es stimmt natürlich: Es kommt im einen wie im anderen Bereich zu Ausbeutungen gerade von armen Leuten, hauptsächlich Frauen. Welche Konsequenz ist daraus zu ziehen? Die jeweiligen Praktiken in die Illegalität zu verbannen, und den Betroffenen so den Zugang zu sicheren Arbeitsbedingung zu verwehren und sich schutzlos zu machen?  Wie wir bereits gesehen haben, begeben sich verzweifelte Menschen in solchen Fällen einfach ins Ausland. Oder sollte man den Kinderwunsch vieler Mensch nicht eher ernst nehmen und sich überlegen, wie alle Beteiligten (natürlich auch die Kinder) zu ihrem Recht kommen?

Man sollte sich dabei hüten, in der Reproduktionsdebatte dieselben Fehler zu machen, die bereits beim Thema Prostitution dazu führen, dass die Betroffenen nicht geschützt und ermächtigt, sondern häufig marginalisiert und in die Illegalität getrieben werden.

4 Kommentare

  1. Parenchima · · Antworten

    Gut formuliert, klar, Doch wenn dem Paar der Kinderwunsch verwehrt ist, was tun?? Vor zwei Jahren entschied auch meine Schwester Leihmutter in Kiew zu engagieren und war nicht verzweifelt, In anderen Umständen würde sie NIE ein Kind bekommen.

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    1. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe. Ich bin der Ansicht, Leihmutterschaft, Fruchtbarkeitsbehandlungen und Adoptionen sollten in der Schweiz legal sein und zwar egal ob für Alleinstehende oder Paare jeglicher sexuellen Orientierung. Und natürlich auch dann, wenn man diese Massnahmen im Ausland ergriffen hat.

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  2. Gut formuliert, klar, Doch wenn dem Paar der Kinderwunsch verwehrt ist, was tun?? In anderen Umständen würde das NIE ein Kind bekommen.

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  3. Was beinhaltet der Begriff „Leihmutter“?

    Das Problem der Unfruchtbarkeit bringt Tragödie in viele Familien.
    Manchmal ist Leihmutterschaft die einzige Möglichkeit, genetisch eigene Nachkommen zu haben.
    http://leihmutterschaft1.de/
    Was beinhaltet der Begriff „Leihmutter“?

    Eine Frau, die ein Kind für einen anderen Vater und eine andere Mutter austrägt und gebärt. Man unterscheidet eine Voll- und Teilleihmutterschaft. Bei der Vollleihmutterschaft werden das Spermatozoon und die Eizelle von den Spendern bereitgestellt, sie werden die biologischen Eltern. Die Teilleihmutterschaft bedeutet, dass die Spenderin der Eizelle die Frau ist, die das Kind austrägt. Sie wird die genetische Mutter.
    Bei der Vollleihmutterschaft verwendet man eine IVF. Dieses Verfahren wird auch im Falle der Teilleihmutterschaft bevorzugt.
    Das Kanadische Medizinzentrum hilft den kinderlosen Paaren ein lang erwartetes Glück zu gewinnen, ihr eigenes Kind zu gebären. Die Agentur arbeitet in Europa und beschäftigt sich mit der Reproduktionsmedizin und Leihmutterschaft.
    Wer kann eine Leihmutter werden?

    Wer kann eine Leihmutter sein?

    Anforderungen an die Frau:
    o Fehlen der körperlichen Krankheiten.
    o Fehlen der psychischen Störungen.
    o bis 35 Jahren alt.
    o keine Vorstrafen.
    o es gibt mindestens ein gesundes Kind.
    o Frau stimmt der Schwangerschaft freiwillig zu.
    http://leihmutterschaft1.de/
    Allgemeine Verhaltensregeln für die Leihmütter:

    o keinen Alkohol trinken.
    o nicht rauchen.
    o keine Drogen einnehmen.
    o den Arzt regelmäßig besuchen.
    o alle medizinischen Empfehlungen erfüllen.

    Unsere Agentur „Canadian Medical Care“ wählt Ihnen eine gesunde Frau für die Rolle einer Leihmutter und führt ihre vollständige Untersuchung durch. Die Rechtsanwälte der Agentur vorbereiten den Vertrag, so dass die Rechte aller Parteien im rechtlichen Aspekt garantiert gesichert werden.

    Was enthalten die Kosten der Agenturdienstleistungen?

    o vollständige Untersuchung der Leihmutter, die Lieferung aller Analysen.
    o Kosten von IVF und anderen Fortpflanzungsverfahren.
    o notwendige medizinische Präparate für die Leihmutter.
    o Die Kosten für Reise und Unterkunft der Leihmutter.
    o Materiale Garantie der Leihmutter im Falle eines erfolglosen Versuchs.
    o Unterhaltbezahlung einer Leihmutter (das Anfangsdatum und der Umfang werden vereinbart). http://leihmutterschaft1.de/
    o vollständige Betreuung der Schwangerschaft in der Klinik.
    o Erhaltung der Schwangerschaft im Fall drohender Fehlgeburt.
    o Entbindung (physiologisch oder durch Kaiserschnitt).
    o Bei schwerer Geburt wird ein Zuschlag ausgezahlt.
    o Belohnung der Leihmutter für die Leihmutterschaft nach der Geburt des Kindes.
    o Zuschlag bei Mehrlingsschwangerschaft.
    o Bezahlung von juristischen Dienstleistungen.
    Die Mitarbeiter von „Canadian Medical Care“ beschäftigen sich seit vielen Jahren mit der Reproduktionsmedizin. Dank der Bemühungen von Spezialisten wurden ein paar hundert Kinder geboren, und Paare ohne Kinder konnten endlich die Freude an der Geburt ihres eigenen Kindes erleben.

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